Evaluation und wissenschaftliche Begleitung
Das Präventionsprogramm „Sicherer Hafen“ startete im Sommer 2017 als Pilotprojekt an vier Elternschulen in Hamburg. Die Evaluation wird im Auftrag der BerndtSteinKinder-Stiftung vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie, von Frau Stefanie Witt, MA unter Leitung von Frau Dr. Julia Quitmann durchgeführt und hat eine Laufzeit von Mitte 2017 bis Ende 2019.
Mit der Evaluation werden einerseits die subjektiven Einschätzungen der KursteilnehmerInnen zum Kursprogramm erhoben. Andererseits werden u.a. die elterliche und kindliche Lebensqualität, eltern- und kindbezogene Stressoren und die Erziehungskompetenz zu verschiedenen Zeitpunkten erfragt, um überprüfen zu können, inwieweit das Kursprogramm die Zielsetzung erreicht.
Ziel ist es, Veränderungen im Wohlbefinden und in der Lebensqualität Eltern und ihrem Kind zu erfassen und die kindliche Entwicklung zu beobachten. Zudem zielt die Evaluation auf Qualitätssicherung des Kursangebotes „Sicherer Hafen“ und der Möglichkeit Optimierungsvorschläge in des Kursangebot integrieren zu können, um die Bedürfnisse werdender und junger Eltern noch gezielter berücksichtigen zu können.
Bei Fragen zur wissenschaftlichen Begleitung wenden Sie sich gerne an Frau Stefanie Witt (Mail: s.witt@uke.de).
Hintergrund
In Deutschland werden jährlich zwischen 660.000 und 715.000 Kinder geboren. Im Jahr 2014 erreichte die Zahl mit 714.927 Lebendgeburten einen neuen Höchststand (Statistisches Bundesamt, 2016). In der politischen Landschaft werden solche Zahlen gefeiert als ein Schritt in Richtung Bevölkerungswachstum und gegen den demographischen Wandel (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen, & Jugend, 2015). Gleichzeitig stellt der Übergang zur Elternschaft ein einschneidendes und folgenreiches Erlebnis dar. Es wird zwar nicht ausschließlich als Krise, sondern als auch normatives Ereignis angesehen, dennoch aber häufig unterschätzt (Reichle & Werneck, 1999) Vor allem vor dem Hintergrund der zunehmenden Erwartungen von unterschiedlichen Seiten kann es zu Überforderung und Stress auf Seiten der jungen Eltern führen.
In der wissenschaftlichen Fachliteratur lassen sich zwei verschiedene Richtungen zur Beschreibung des Prozesses des Übergangs in die Elternschaft finden. Einerseits wird Elternschaft als eine Möglichkeit des Wachstums angesehen, in der die Eltern – vor allem Mütter als Primärversorgerinnen – Kreativität entwickeln, Freude und Empowerment erleben (Rich, 1986). Für jugendliche Mütter kann der Übergang zur Elternschaft mit der Entwicklung eines Verantwortungsgefühls, einer sozialen Identitätsbildung und einer Vorstellung in Bezug auf Zukunftspläne verbunden sein (Wijnberg & Reding, 1999). Daneben geht Elternschaft nach (Ross, 1995) mit persönlicher Erfüllung, Wachstum und Freude einher. Frauen mit eigenem Kind berichten nach (Ross & Van Willigen, 1996) im Vergleich zu Frauen ohne Kinder von dem Erleben von größerer Bedeutung in ihrem Leben.
Auf der anderen Seite gilt die Zeit der Elternschaft – insbesondere mit kleinen Kindern – als eine Phase enormen Stresses. Neben einer starken Zunahme von Anforderungen (Jackson & Mannix, 2003) berichten Mütter über vielfache unterschiedliche Veränderungen in ihrem Leben (Hartwick, 1996; Rodd, 1994; Woods et al., 2003; Wuest, 2001), die als belastend erlebt werden. Dazu zählen z. B. der Wechsel der Verantwortung (Mc Bride & Shore, 2001) und Gefühle von Verlust (Keating-Lefler & Wilson, 2004). Zudem kann Elternschaft als eine allumfassende und mit Schuldgefühlen beladene Situation erlebt werden, die sowohl in Bezug auf die Dauer als auch die Arbeitsintensität als anstrengend und emotional belastend beschrieben wird (Jackson & Mannix, 2003). Dies kann sich in Symptomen von chronischem Fatigue, Kopfschmerz, Angst, Sorge, Depression und/oder Magen-Darm-Störungen zeigen (Jackson & Mannix, 2003). Ein Vergleich von Frauen mit und Frauen ohne Kind zeigt signifikante Unterschiede im psychosozialen Stresserleben. Diese verschwinden jedoch vollständig, sobald kindbezogene Stressoren in der Analyse kontrolliert werden (Feske et al., 2001).
Aus der modernen Säuglingsforschung und Entwicklungspsychologie wissen wir, dass die kindliche Entwicklung maßgeblich von der Qualität der Eltern-Kind-Beziehung abhängig ist. Innerhalb dieser Beziehung kommt es darauf an, dass die Eltern empathisch sind, d. h. in der Lage, die Welt mit den Augen ihres Kindes wahrzunehmen. Das Empathie-/ Einfühlsamkeits-Konzept impliziert mehrere Teilfähigkeiten (Koren-Karie, Oppenheim, Dolev, Sher, & Etzion-Carasso, 2002; Quitmann, Romer, & Ramsauer, 2010): Zum einen müssen Eltern die Fähigkeit entwickeln, zu verstehen, warum sich das Kind so verhält bzw. welche Motive dem kindlichen Handeln zugrunde liegen. Zum anderen müssen sie in der Lage sein, ein emotional komplexes Bild ihres Kindes zu erfassen, das die ganze Bandbreite der Gefühle umfasst. Weiterhin müssen die jungen Eltern offen für Überraschungen und neue Informationen über das Kind zu sein. Allein das kindliche Schreien eröffnet so viele Interpretationsmöglichkeiten, dass es die jungen Eltern hilflos machen kann (Hantel-Quitmann, 2013).